Flüchtlingsrat Wiesbaden
 
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Informationsveranstaltung in Mainz zum Thema EU-Außengrenzen

Auf Einladung des Afrika-Forums Mainz informierte am 4. Juli 2008 Karl Kopp, Europareferent von Pro Asyl, zum Thema der EU-Außengrenze Griechenland.

Karl Kopp konnte sich in den letzten Jahren anlässlich mehrerer Reisen nach Griechenland ein aktuelles Bild von den Zuständen in den Flüchtlingsunterkünften und Haftplätzen machen. Er berichtete von menschenunwürdigen Unterbringungen der Flüchtlinge in unzureichenden Räumlichkeiten unter hygienisch miserabelsten Bedingungen. Vom ihm mitgebrachte Fotos zeigen enge, schmutzige, heillos überbelegte Unterkünfte und verdeutlichen das menschliche Elend der dort Untergebrachten.

Jedoch nicht alle Asylsuchende haben die „Chance“ auf eine Unterbringung in einer Unterkunft. Griechenland hält nur für eine begrenzte Anzahl von Flüchtlingen feste Unterkunftsmöglichkeiten vor, aktuell 740 in ganz Griechenland; ist das Kontingent erreicht, bleiben die Schutzsuchenden obdachlos und ohne jegliche soziale Unterstützung. Sie bleiben während ihres laufenden Asylverfahrens ohne Dach über dem Kopf in Parks oder Slumsiedlungen und warten dort oft monatelang auf das Ergebnis ihres Verfahrens.

Andere Flüchtlinge werden laut Karl Kopp von der Küstenwache auf offener See aufgegriffen, oft werden ihre Schlauchboote seeuntüchtig gemacht, die Paddel konfisziert und die Flüchtlinge auf dem Meer ausgesetzt. Manchen gelingt eine Rettung ans Ufer, viele ertrinken.

Doch auch den Menschen, die das griechische Staatsgebiet erreichen, wird asylrechtlicher Schutz systematisch verweigert: Ein effektiver Zugang zu einem rechtsstaatlichen Asylverfahren ist in Griechenland nicht gewährleistet. Hinzu kommt, dass die Anerkennungsquote in Griechenland gegen Null tendiert. Selbst für irakische Asylsuchende, denen in anderen EU-Staaten wie Deutschland regelmäßig der Flüchtlingsstatus zuerkannt wird, lag die Anerkennungsquote für Iraker im Jahr 2006 bei 0%.

Der sehr lebendige Bericht und die beeindruckenden Fotos veranschaulichen, dass es hier um eklatante Verletzungen der Europäischen Menschenrechtskonventionen und der Genfer Flüchtlingskonvention geht. Asylsuchende in Deutschland, Italien, England, den Niederlanden, Dänemark, Schweden und Belgien kämpfen derzeit gegen eine evtl. Rücküberstellung nach Griechenland.

Diese sieht grundsätzlich die sog. Dublin II-Verordnung vor, eine Zuständigkeitsregelung für Asylsuchende. Hintergrund: kann einem Asylsuchenden in Deutschland nachgewiesen werden, dass ihn sein Fluchtweg über die EU-Außengrenze Griechenland weiter nach Deutschland gebracht hat, regelt die Dublin II-Verordnung die Rückübernahme des Asylsuchenden von Deutschland nach Griechenland, da Griechenland das erste Land der EU war, dessen Grenze der Asylsuchende überschritten hat. Allerdings kann gemäß der Dublin II-Verordnung ein Staat auch auf die Rücküberstellung verzichten, seinen Selbsteintritt erklären und das Asylverfahren in seiner eigenen Zuständigkeit durchführen.

Die Besucher der Veranstaltung konnten die Tragweite dieser Regelung mit ihren folgenschweren Begleitumständen für die Betroffenen persönlich eindrücklich nachempfinden.

Fazit: Die Bundesrepublik sollte endlich dem Beispiel Norwegens folgen, die Rücküberstellungen nach Griechenland aussetzen und bei den Betroffenen von ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen.

 

(C) Flüchtlingsrat Wiesbaden 2008